De klomperij - een nalezing
Duitsland


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Felix Klaus - Ein Sterbendes Handwerk
Mit Aufnahmen des Verfassers

Wer durch die Dörfer der südlichen Oberlausitz wandert, sieht bei manchen Häusern hohe, wohlgeschichtete Holzfeimen. Da die einzelnen "Hölzer" ziemlich gleichmäszig und sorgfältig zugehauen sind, kann man erkennen, dasz es sich nicht om Brennholz, sondern um Nutzholz handelt, Es sind die "Holzstösze" der Holzpantoffelmacher. Freilich sieht man sie immer seltener. Am häufigsten traf man sie bis zum Kriege in dem langgestreckten Seitendorf zwisch Hirschfelde und Weigsdorf.
Seitendorf Oberlausitz

Wenn man der Darstellung in dem Werke "Die Oberlausitz als besondere Abteilung von Sachsens Kirchengalerie (Dresden: Verl. Herm. Schmidt 1838)" und der mündlichen Überlieferung Glauben schenken darf, so wurde die Holzpantoffelmacherei in Seitendorf überhaupt begründet. Wir lesen in den genannten Geschichtsblättern über die Beschäftigung der Bewohner Seitendorfs : "Nebst diesem - Ackerbau und Weberei - gibt es noch einen Nahrungszweig, der nicht nur vielen Beschäftigung und Brot verschafft, sondern sein Entstehen hiesigen Ortes fand, und von da aus seine jetzige allgemeine Ausbreitung erhielt: Die Verfertiging der Holzpantoffeln durch den Häusler Johann George Simon. Auch ist die durch den aus Italien stammenden Martinelli zuerst hier eingefürhte Hechel- und Krätzelmacherei nicht unbedeutend." Es sind die beiden Handwerke um das Ende des achtzehnten Jahrhunderts eingeführt worden, da Simon 1817 und Martinelli 1804 gestorben ist. Während die letztere Beschäftigung schon über ein Menschenalter ausgestorben ist - denn länger als ein Menschenalter wird bei uns kein Flachs mehr selbst zubereitet, so dasz man Hecheln und Krätzel brauchen könte! -, geht nun auch die Holzpantoffelmacherei einem langsamen, aber sicheren Aussterben entgegen. Ehe die Gründe dafür angeführt werden, versetzen wir uns in die Blüteperiode der Holzpantoffelmacherei in den achtziger und neunziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts.

Sobald die Schneeverhältnisse es im Januar oder Februar zulieszen, zog der Holzpantoffelmacher mit seinem Gehilfen aus, Holz zu fällen. Die Pappelalleen oder der Laubwald waren ihr Ziel. Unter Beil und Säge stürzte ein Baum nach dem andern. Die Äste wurden abgesägt und blieben dem Besitzer als Brennholz zurück. Von Birken und Linden wurden auch die stärkeren Äste verbraucht. Nachdem die Stämme in längere oder kürzere Stücke zersägt waren, zogen Pferde diese "Klippel" auf schweren Holzwagen heim. Wenn die Dämmerung das Arbeiten unmöglich machte, begab man sich heimwärts, um am nächsten Morgen beim ersten Grauen wieder auszurücken. Viel Holz wurde aus Böhmen geholt, und zwei bis vier Stunden Weg zum Schlag waren nichts Seltenes. Diese Fällarbeit dauerte einige Wochen, bis der Vorrat für ein Jahr geschlagen war. Dreiszig Fuhren (hundert bis hundertfünfzig Kubikmeter) wurden oft von einem einzigen Pantoffelmacher angefahren. Das kleine Holz- oder Lehmhaus war dann ordentlich versteckt hinter den hohen Holzwällen!

Und nun kreischte die Säge Tag für Tag vom frühen Morgen bis in den späten Abend; denn es galt, die "Klippel" in "Rädel" zu zersägen, die die Länge eines Fuszes haben muszten (vergl. Bild 2 und 3). Zu dieser umfangreichen Arbeit wurde auch die Hausfrau und die erwachsene Tochter herangezogen; denn es galt, die Zeit gut auszunützen, weil noch viel Arbeit zu tun war, ehe der fertige Holzpantoffel verkauft werden konnte. War genug Vorrat gesägt, so wurden die "Rädel" gespalten. Der Pantoffelmacher stellte ein Rädel auf den groszen Spaltklotz und setzte das Beil darauf. Mit wuchtigem Schlag trieb ein Arbeiter das grosze Spaltbeil in das Holz und spaltete Stück für Stück ab in der Stärke, die für den Pantoffel nötig war (vergl. Bild 2). Oft muszte der schwere Holzschlegel mehrfach niedersausen, ehe die knorrigen Äste sich teilen lieszen. Da die meisten Stücke nicht glatt spalteten, wurden sie nun mit dem Beil glatt gehackt und sorgfältig in groszen Feimen zum Trocknen aufgestellt. (Bild 3.)

Spalten

Inzwischen war es Frühjahr geworden, und der Meister muszte sorgen, dasz Pantoffeln fertig wurden. Es wurden nun vom vorjährigen Feimen, Stosz genannt, die Hölzer genommen und mit einem Holzmodell die Form des Pantoffels darauf gezeichnet. In mühseliger Arbeit wurde nun mit dem Beil die runde Form herausgearbeitet. In späterer Zeit hat man diese anstrengende und zeitraubende Arbeit von der Bandsäge schneller und schöner besorgen lassen. Das Beil konnte nur grobe Umrisse schaffen, die saubere glatte Rundung machte das Schnittmesser auf der Schnittbank. (Bild 4.) Hier wurde das Holz auch ausgehohlt, damit der Fusz einen besseren Stand habe, nachdem zuvor der Hohlfusz ausgezägt worden war. Früher geschah das letztere mit der Handsäge, später auch mit der Bandsäge. Nun war das Holz fast so weit, dasz das Leder darauf gespannt werden konnte.

Diese jetzt beschriebenen Arbeiten wurden vom "Hölzerschneider" verrichtet, der sich das ganze Jahr damit beschäftigte. Er hatte seine Schnittbank daheim, holte sich einen Handwagen voll Hölzer und brachte sie bearbeitet zurück, um für jedes Paar drie Pfennig Arbeitslohn zu empfangen. Ehe nun der "Nagler" das Leder über das Holz spannen konnte, wurde mit einem besonderen Messer am oberen Rande eine Vertiefung geschnitten, in der das Leder eingelegt und der Draht darüber gezogen wurde. Jetzt spannte der Nagler das Leder über einen Leisten, der aufs Holz befestigt war und befestigte durch Nägel- und Drahtklammern den darum gelegten Draht. (Bild 5.) Nun endlich war der Pantoffel fertig zum Verkauf! Wieviel Zeit und Mühe muszte aufgewandt werden, ehe es soweit war! Während mancher Pantoffelmacher mit seiner Frau alle Arbeiten vom Fällen bis zum Nageln allein ausführte, waren bei manchem zwei bis drei Hölzerschneider und ebensoviel Nagler beschäftigt. Da hatte dann der Meister nur die "Blätter" aus dem Leder zuzuschneiden und für den Versand zu sorgen.

Hacken

In der allerersten Zeiten wurden nur alte Stiefelschäfte verarbeitet. (Als im Kriege das Leder überhaupt nicht oder nur zu unerschwinglichen Preisen zu haben war, hat man es ebenso gemacht.) Bald aber verwendete man Abfälle von echtem Juchtenleder. Später wurde Rindleder, das eigens dafür gegerbt wurde, seltener Roszleder, dazu genommen. Als die Lederspalterei erfunden war, wurde auch mit Erfolg Spalt verarbeitet. Zu Kinderpantoffeln eignete sich auch Schafleder. Manche Kunden bevorzugten Pantoffeln, deren Leder mit einem bunten Lederstreifen eingefaszt war. Deshalb "säumte" die Meistersfrau eind Teil der Blätter mit buntem Schafsleder. Schwächere Blätter wurden auch mit Schafleder oder Stoffresten abgefüttert. Während auf diese Weise der Hausfrau eine umfangreiche Nebenbeschäftigung gesichert war, wurden auch die Kinder fleiszig herangezogen. Beim Aufsetzten der Rädel und Hölzer wurden sie ebenso nötig gebraucht wie zum herbeischaffen des Materials und zum Forträumen des Abfalls. Auch hatten sie die fertige Ware in die umliegenden Dörfer zu den Krämern zu schaffen und auf den Bahnhof. Der gröszte Teil der Kundschaft sasz in der Löbauer und Herrnhuter Gegend. Als die Eisenbahn den Transport noch nicht erleichterte, musszte der Vater mit dem erwachsenen Sohne die Ware auf dem Handwagen dorthin bringen. Über fünfzig Jahre lang wurden auf dem Löbauer Markte gute Geschäfte gemacht, bis in der neueren Zeit die Fabrikware aus der dortigen Gegend die Seitendorfer Handarbeit verdrängte.

Bemerkenswert is auch dasz die Holzpantoffelmacher nie zunftmäszig vereinigt waren. Es gab daher auch kein Lehrlings- und Gesellenverhältnis. Wer das Handwerk lernen wollte, ging einen Winter zu einem Pantoffelmacher auf Arbeit und fing im Frühjahr selbständig an. So gab es eigentlich nur Meister, von denen aber nicht einer den Meisterbrief hatte. Das Handwerk pflantzte sich in der Regel in der eigenen Familie fort, und noch jetzt kann man eine ununterbrochene Reihe bis auf den Gründer zurückbilden. Zur Zeit der höchsten Blüte waren in Seitendorf vierundzwanzig selbständige Holzpantoffelmacher. Auch in den umliegenden Dörfern waren immer eine Reihe gut beschäftigt.

Auf der Schnittbank

Aus den Darlegungen ist auch schon zum Teil hervorgegangen, warum dieses Handwerk seinen goldenen Boden verloren hat. Die Löhne und Preise in der Zeit höchster Blüte, also in den achtziger und neunziger Jahren, waren unglaublich niedrig. Der Hölzerschneider erhielt also für jedes Paar drei bis vier Pfennige, und dabei konnte er bei fleisziger Arbeit täglich dreiszig bis vierzig Paar fertigstellen, so dasz er sechs bis sieben Mark Wochenlohn erwerben konnte. Dafür hatte er aber das ganze Jahr Beschäftigung, während die Nagler manchmal einige Wochen feiern muszten. Deshalb verdiente dieser am Paar vier bis fünf Pfennige. Ein geschickter Arbeiter fertigte in der Stunde vier bis sechs Paar. Bei einer Durchschnittsleistung von 40 Paar am Tage wurden in Zeiten flotten Geschäftsganges auch sechzig Paar hergestellt. Bei einigen Meistern wurden jährlich fünftausend bis sechstausend Paar geliefert. Viele Pantoffelmacher hatten eben zwei oder drei Hölzerschneider und ebensoviel Nagler. Da aber in der meisten Fällen alle Arbeiten nur von einer Person verrichtet werden muszten, betrug der Jahresumsatz oft nur eintausend Paar. Wenn man einen Durchschnittspreis von fünfzig Pfennig annimmt, ist ersichtlich, dasz nach Abzug der Auslagen für Holz, Leder und Draht eine unglaublich kleine Summe für Arbeitslohn und Verdienst übrig blieb. Als aber gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts die Lebensbedürfnisse und Löhne beträchtlich stiegen, muszte sich ein Preis ergeben, die nicht mehr angemessen zu nennen war. Dazu kam die immer schwierigere Holzbeschaffung. Die billige Pappel stirbt aus; Birke, Linde und Erle sind rar und teuer. Der Preis des Holzpantoffels stand in keinem rechten Verhältnis mehr zum billigen Hausschuh oder zu anderer Fuszbekleidung. Dazu kommt, dasz es natürlich auch auf dem Lande kaum noch fein genug ist, in Holzpantoffeln zu laufen, so dasz auch aus diesem Grunde ein Rückgang im Verbrauch festzustellen ist. Um niedrigere Preise zu ermöglichen, muszte die Herstellungsdauer wesentlich verkürzt werden. Der Handwerker ist nicht mehr konkürenzfähig, und so werden denn die Holzpantoffelmacher langsam verschwinden. Die alten verbrauchen ihren Vorrat vollends, den sie noch haben, die jüngeren wenden sich anderen Berufen zu. Einige beziehen die fertigen Hölzer aus Fabriken und spannen nur das Leder darüber, so dasz sie eigentlich nur noch Nagler sind. So versuchen sie im harten Kampfe mit den Fabriken leistungsfähig zu bleiben und ihr tägliches Brot zu sichern.

Holzpantoffelnacher (Nagler)

Die Technik hat auch in diesem Handwerk viele Hände entbehrlich gemacht. Viele selbständige Existenzen sind vernichtet worden. Die Heimarbeit und mit ihr ein gesundes und geordnetes Familienleben ist vorbei. Man mag das in Rücksicht auf den besprochenen Stand wie auf die Volksgemeinschaft bedauern, zu ändern ist nichts mehr an der Tatsache: die Holzpantoffelmacherei ist ein sterbendes Handwerk.

Jan van Bakel, april 2001


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